Etwas fehlt...



Mir ist wohl selten etwas so schwer gefallen, wie diesen Text zu schreiben und vor allem auch zu veröffentlichen. 

Lange ist es her, seit ich hier zuletzt etwas geschrieben habe. Das hatte auch einen guten Grund: Es ging mir lange gut in diesem Jahr. Endlich... Ende August habe ich dann geheiratet, und es schien alles mal gut zu laufen. Bis Ende September. Und seitdem ist nichts mehr, wie es vorher war.

Etwa drei Wochen nach der Hochzeit haben wir erfahren, dass ich schwanger war. Gleich hatte ich 1000 Gedanken im Kopf, Sorgen, Überlegungen, was alles auf mich bzw. auf uns zukommen wird. Doch wir haben uns gefreut. Und das, was so viele Frauen immer erzählen - die Liebe zu meinem noch so winzig kleinen Kind war von der ersten Sekunde an da.

Nach ein paar Tagen waren wir zum ersten Mal beim Frauenarzt. Alles war in bester Ordnung und wir gingen mit dem ersten Ultraschallbild nach Hause. In der sechsten Woche war ich da. Es sollte das einzige Ultraschallbild bleiben.

Als ich am nächsten Tag leichte Blutungen bekam, dachte ich noch, dass dies von der Untersuchung am Tag zuvor stammt. Doch es wurde mehr, und ich fuhr ins Krankenhaus. Was folgte, waren die schlimmsten Tage meines Lebens. Im Laufe des Tages wurde es immer mehr Blut... Doch noch machte man mir etwas Hoffnung. Man müsse den nächsten Tag abwarten. Aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass es nicht gut ausgehen wird. Am nächsten Tag, nach stundenlangem Warten auf die Blutergebnisse war klar: Es ist keine "intakte" Schwangerschaft mehr.

Ich hatte eine Fehlgeburt.

Ich hasse dieses Wort. Es tut weh, es zu schreiben. Es tut weh, es zu lesen. Ein schreckliches Wort, als hätte man einen Fehler gemacht. Dabei kommt es so unglaublich oft vor... Und niemand kann etwas dafür. Schuldgefühle hat man trotzdem oft...

Und auf einmal war alles wieder vorbei - alles, was man sich ausgemalt hatte, alle Freude, das Erstaunen über dieses kleine Wunder... Ich war auf einmal nicht mehr schwanger, und nichts hätte mich auf den Schmerz, der mich mit voller Wucht getroffen hat, vorbereiten können.

Dazu kommt, dass mein Aufenthalt im Krankenhaus alles andere als optimal gelaufen ist. Doch dazu ein anderes Mal mehr.

Nach der Ausschabung, die am darauffolgenden Tag gemacht wurde, dauerte es etwa eine Woche, vielleicht waren es auch zwei (ich erinnere mich nicht mehr richtig, es war alles zuviel für mich...), bis ich körperlich wieder soweit auf der Höhe war. Auch das Hormonchaos ließ langsam nach (innerhalb von wenigen Wochen musste sich der Körper von nicht schwanger - auf schwanger - auf nicht schwanger umstellen, das ist nicht zu unterschätzen). Doch emotional war noch lange nicht wieder alles in Ordnung, und ist es auch heute noch nicht. Es wird wohl noch einiges an Zeit brauchen, bis ich alles verarbeitet habe. Der Alltag hat mich wieder, doch ich selbst bin nicht mehr die Alte. Eine solche Erfahrung verändert einen wohl. Und man bleibt mit so vielen offenen Fragen, Traurigkeit, Wut, Enttäuschung zurück...

Ich weiß nicht, was am Schlimmsten ist. Das Gefühl, von der ganzen Situation völlig überrollt worden zu sein, und - von fachlicher Seite aus - nicht gerade gut betreut worden zu sein. Das Gefühl, Mutter zu sein, aber keine sein zu können... Die Bilder, die ich nicht mehr aus dem Kopf bekomme... Das Unverständnis, das einem viele entgegen bringen ("es muss doch langsam mal gut sein")... Aber ich war schwanger, auch wenn es "nur kurz" war, ich habe dieses winzige Kind geliebt, und wir haben uns sehr darauf gefreut, und völlig unerwartet war alles wieder vorbei... Ja, man kann es wieder versuchen, aber das ändert nichts daran, ein Kind verloren zu haben. Die Angst davor, es erneut erleben zu müssen, ist groß.

Seit ich mich mit dem Thema Ängste und Depressionen beschäftigen musste, habe ich bemerkt, dass dies immer noch ein Tabu-Thema ist. Nun habe ich festgestellt, dass das Thema "Fehlgeburt" ein noch viel größeres Tabu ist. Und genau deshalb will ich auch darüber sprechen. Es ist schwierig für mich, schwieriger als beim Thema Depressionen, aber es ist wichtig. Auch das kann zum Leben dazugehören und ich möchte es nicht verstecken. Es ist nun Teil unserer Geschichte, und wir werden unser Sternchen nie vergessen.

Kommentare

  1. Hallo Du Liebe, das Du / Ihr diese Erfahrung machen musstest tut mir furchtbar leid es ist ganz entsetzlich und ich denke da spielt es keine Rolle wie lange die Schwangerschaft letztendlich gedauert hat. Es war euer Kind und das muss man dann ausschaben lassen. Auch dies ist ein Tabuthema weil die Menschen nicht wissen wie sie damit umgehen sollen. Leider bin ich derzeit selber in der Klinik, aber wenn Du reden möchtest bin ich jederzeit da. Es gibt ja schließlich Telefon. Und ja, du / ihr dürft, und müsst eigentlich auch , trauern. Ich denke an euer Sternenkind.

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