Freude, Trauer & Angst

Wieder ist mein letzter Blogpost lange her. Viel ist passiert seitdem. Ich bin aktuell im 9. Monat schwanger, 7 Wochen sind es noch bis zur Geburt unserer Tochter.
Natürlich freue ich mich sehr auf unser Baby. Doch Angst und auch Trauer sind seit Beginn der Schwangerschaft meine treuen Begleiter.

Direkt im neuen Jahr haben wir erfahren, dass ich wieder schwanger bin. Geahnt habe ich es bereits zwei Wochen vorher, auch wenn ich nicht gedacht hätte, dass ich so schnell nach meiner Fehlgeburt wieder schwanger werde. Nicht mal zwei Monate war es her, dass wir unser erstes Baby verloren haben, als ich dann im November wieder schwanger wurde.

Den ersten Besuch bei der Frauenärztin habe ich bis zur 9. Woche vor mir hergeschoben. Ich hatte zu große Angst, dass es wieder schiefgeht. Dass ich auch unser zweites Kind verlieren werde. Ich wollte den Zeitpunkt der Fehlgeburt (7. Woche) unbedingt hinter mir haben, und dann erst zur Untersuchung gehen. Vor allem deshalb, weil ich wieder eine leichte Blutung kurz vor der Untersuchung hatte. Sollte sich der Alptraum wiederholen?

Doch bei der Untersuchung war alles in Ordnung. Endlich konnte ich einen Herzschlag sehen - dieses Glück hatten wir bei unserem ersten Kind leider nicht. Doch "es ist alles in Ordnung",  das hatten wir auch beim letzten Mal gehört. Beruhigen konnte mich das nicht.

Aber die ersten Wochen vergingen. Vier Wochen Ungewissheit bis zur nächsten Untersuchung... Bei jedem Toilettengang der ängstliche Blick auf das Toilettenpapier. War wieder Blut darauf? Hatte ich doch die Fehlgeburt noch lange nicht verarbeitet, war eigentlich noch mitten drin im Gefühl der Trauer. In den Nächten vor der nächsten Untersuchung habe ich kaum geschlafen. Mit großer Angst ging ich dann zur Untersuchung. Das Herz unserer kleinen Kämpferin schlug weiter.

Doch dann war die Ärztin lange still. Zu lange. Und dann sagte sie: "Da ist noch was zu sehen." Noch etwas? Ja, unser Baby hatte einen Zwilling. Einen winzig kleinen, viel zu kleinen Zwilling, der bereits seit einigen Wochen nicht mehr lebte. Nun wusste ich auch, wieso ich die kurze Blutung gehabt hatte.

In mir war nur noch ein dumpfes Gefühl. Nun hatten wir also ein zweites Baby verloren
 Und da waren so viele Fragen. Was passiert nun mit dem nicht mehr lebendigen Embryo? Was bedeutet das für unser anderes Baby? Kann ihm auch noch etwas passieren?

Normalerweise hat der Tod des einen Zwillings in so einem frühen Stadium der Schwangerschaft keine Auswirkungen auf das zweite Baby, erfuhren wir. Entweder entwickle sich der Embryo zurück, oder er werde dann bei der Geburt mit abgehen. Auch die Möglichkeit einer starken Blutung war gegeben in den nächsten Wochen, aber das sei selten. Normalerweise schade dies dem anderen Baby aber nicht. Normalerweise... Ich wollte eine Garantie, eine Sicherheit, dass dem Zwilling nichts passiert. Aber die konnte mir natürlich keiner geben. Also hieß es weiter abwarten...

Die "gefährlichen" ersten drei Monate waren da gerade schon überschritten. Doch Freude über die neue Schwangerschaft konnte ich lange nicht zulassen, monatelang nicht. Die Angst, auch dieses Baby noch zu verlieren, war einfach unbeschreiblich. Ja, mit jeder weiteren Untersuchung wurde sie weniger, doch ganz verschwunden ist sie bis heute nicht.

Die flapsigen Sprüche, die wir zu hören bekamen, halfen nicht... "Seid froh, dann habt ihr nicht den Stress mit zwei Babys." Wie sollten wir froh darüber sein, dass wir nun bereits unser zweites Baby verloren hatten? Was hätte ich dafür gegeben, diesen "Stress" zu haben, und nicht noch um ein zweites Baby trauern zu müssen... Und die Angst, dass auch unserer Tochter noch etwas passiert, war dadurch ins Unermessliche gestiegen.

Erst seit ich unsere Tochter jeden Tag spüre, seit sie regelmäßig Schluckauf hat und mir in die Rippen tritt, ist die Angst erträglich geworden. Als ich dann vor drei Wochen, in der 30. Schwangerschaftswoche, vorzeitige Wehen hatte, war die Angst aber wieder voll da. Auch wenn ich natürlich wusste, dass selbst bei einer Geburt zu diesem Zeitpunkt kein großes Risiko mehr für das Baby bestanden hätte - ich war sehr froh, als die Wehen wieder nachließen.

Auch die Vorfreude auf unser Baby, die ich nach und nach vorsichtig zuließ, wird nun immer mehr. Doch in die Freude mischt sich gleichzeitig auch immer wieder Trauer, und der schwierige Gedanke, dass es unsere Tochter gar nicht geben würde, hätte ich im September nicht das erste Baby verloren...

Weitere Sorgen kamen dazu. Blutgerinnungsstörung, schlechte Durchblutung der Gebärmutter, eine Schilddrüsenüberfunktion, vorzeitige Wehen, ein beinahe zu kleines, sehr zierliches Baby... All das hat nicht dazu beigetragen, eine unbeschwerte Schwangerschaft erleben zu können. Doch unsere Tochter ist wohl eine kleine Kämpferin.

Eines hätte ich mir für diese Schwangerschaft am meisten gewünscht: noch einmal die sorglose, unbeschwerte Freude zu verspüren, die ich bei meiner ersten Schwangerschaft gefühlt hatte. Doch eine unbeschwerte Vorfreude ist einfach nicht möglich gewesen. Zu stark die Angst und auch die Trauer. Und inzwischen bin ich einfach nur froh, wenn die nächsten Wochen geschafft sind, und wir unsere Tochter im Arm halten können - und endlich mit eigenen Augen sehen, dass es ihr wirklich gut geht.

Kommentare

  1. Alles Gute Euch allen, der kleinen Familie, und die Gedanken auf das Positive ausrichten und auf die Freude, die Vorfreude, das Glück und das Schöne. Das sind leicht gegebene Ratschläge, die Du sicher jede Menge bekommst, aber ich denke, dass man es trotzdem sagen und aussprechen soll, es dem Gegenüber raten und ans Herz legen soll, den Fokus von der Angst auf die Zuversicht zu lenken! Es passiert, was passieren soll und wenn das erste Kind einen Rückzieher gemacht hat, dann wird das für das Kind und seine Seele so richtig gewesen sein. Für uns und vor allem für die Eltern unverständlich und schmerzhaft. Ebenso bei dem Zwilling. Wer weiß denn, ob es besser für beide Kinder gewesen wäre zusammen groß zu werden und geboren zu werden? Ich kann mir doch da kein Urteil erlauben, weil ich nicht hinter die Dinge schaue, sonder nur die Oberfläche sehe. Leben im Hier und Jetzt, voll Vertrauen auf das Leben, auf die Liebe, auf sich selbst. Ich wünsche Dir alles Gute und drücke ich Dich in Gedanken und freue mich mit Euch auf das Baby! Christine

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts