Diagnosen

Wenn ich mir überlege, wieviel Zeit ich in meinem Leben bisher bei verschiedensten Ärzten und in Kliniken verbracht habe, ist das schon ein wenig erschreckend. Dabei bin ich gerade mal 32 Jahre alt. Ich bin sicher etwas hypochondrisch veranlagt, aber ohne Grund war ich selten beim Arzt.

Im Laufe der Jahre habe ich dabei einiges an Diagnosen gestellt bekommen. Hier die dauerhaften Erkrankungen:
Allergien,
allergisches Asthma,
Vitiligo (Weißfleckenkrankheit),
Morbus Basedow (mit immer wieder Schilddrüsenüberfunktion),
generalisierte Angststörung,
Schlafstörungen,
Depressionen,
Phobie,
Hochbegabung.
Ja, auch der letzte Punkt gehört für mich in diese Reihe, da es sich nicht immer positiv auswirkt, sondern einem das Leben auch schwer machen kann. Doch dazu ein anderes Mal mehr.

Nichts davon ist wirklich gefährlich - außer die Schilddrüsenüberfunktion, wenn sie unbehandelt bleibt, und die Depressionen natürlich. Trotzdem beeinflusst diese Liste an Diagnosen mich natürlich sehr, mal mehr und mal weniger. Es hat lange gedauert, bis ich wieder ansatzweise etwas Vertrauen in meinen Körper hatte. Lange habe ich meinen Körper (und auch meine Psyche) gehasst dafür, dass er nicht so funktioniert wie es sein sollte - wie passend, da ich ja auch oft nicht so "funktioniere", wie es normal wäre, also der Norm entspricht. Wie oft habe ich mit mir gehadert, gerade wegen der beiden Autoimmunerkrankungen (Basedow und Vitiligo). Ich habe mich gefragt, wieso mein Körper sich selbst angreift, denn genau das tut er bei Autoimmunerkrankungen. Er greift die Pigmente in den Hautzellen an bzw. die Schilddrüse.

Alle diese Erkrankungen erschweren mir mein Leben. Das Asthma, die Schlafstörungen, die Depressionen. Wegen der Schilddrüse war ich lange Monate arbeitsunfähig. Genauso wegen der Phobie. Die Vitiligo sehe ich immer, wenn ich in den Spiegel schau, oder auf meine Hände. Die Schlafstörungen machen es mir manchmal schwer, die Tage zu überstehen. Doch all das gehört eben zu mir - aber es macht mich nicht aus! Das zu Lernen ist schwer und jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung.

Und ja, Diagnosen sind wichtig. Damit die Erkrankungen behandelt werden können. Trotzdem stehe ich dem Diagnostizieren teilweise etwas zwiegespalten gegenüber. Was macht es mit einem, wenn man einmal einen "Stempel" hat? Es beeinflusst einen, keine Frage. Ein Beispiel dafür: Bei mir steht noch eine Diagnose zum Thema Autismus aus, die ich irgendwann noch angehen werde. Doch was hätte es mit mir gemacht, wenn ich die Diagnose vor einigen Jahren bekommen hätte? Hätte ich es gewagt, mich selbstständig zu machen? Oder hätte ich es mir aufgrund des "Stempels" nicht zugetraut?

Trotz alledem ist es natürlich wichtig, eine richtige Diagnose zu erhalten. Doch da fängt das nächste Problem an: Was macht es mit einem, wenn man eine falsche Diagnose erhält? Und das passiert, denn auch Ärzte machen Fehler. Wenn eine körperliche oder psychische Erkrankung nicht erkannt oder als etwas anderes gesehen, und daher falsch behandelt wird, kann das weitreichende Folgen haben.

Was macht man also nun mit der Liste an Diagnosen, die man mit sich herumschleppt? So einfach es auch klingt, so schwierig ist es: Akzeptieren, dass sie zu einem gehören. Lernen, dass sie einen nicht ausmachen. Und versuchen, ihnen nicht zu viel Raum zu geben. Keine einfache Aufgabe, doch unerlässlich, damit man sich davon nicht "auffressen" lässt. Damit das Leben lebenswert bleibt.

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